"Cool in School"
90 Schüler gegen Gewalt geschult
90 Hamburger Schüler haben den Kurs "Cool in School" gegen Gewalt absolviert.
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published: 15.03.2009
Nach dem Amoklauf in Winnenden bleiben viele Schüler und Angehörige ratlos zurück. Warum verübt ein 17-Jähriger eine solche Gewalttat und wie kann man dazu beitragen, ein nächstes Mal zu verhindern? Die TK befragt Dr. Anderson, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie.
Was kann einen Menschen dazu bewegen, Amok zu laufen?
Dr. Karin Anderson: "Das Wort 'Amok' kommt aus dem Malaiischen und bedeutet: 'In blinder Wut angreifen und töten'. Ursprünglich bezeichnete dieser Begriff Krieger, die ohne Rücksicht auf ihr eigenes Leben einen übermächtigen Gegner so rasend attackierten, dass sie dadurch beinahe unbesiegbar waren. Heutige Amokläufer sehen sich offenbar ebenfalls als 'Krieger'. Sie sind dabei eher unauffällige, verschlossene, schüchterne Menschen, die über ein schlechtes Selbstwertgefühl verfügen, und ihren Ärger nicht angemessen ausdrücken können, sondern in sich hineinfressen. Sie sind getrieben von dem Gefühl, sich für ein vermeintliches Unrecht rächen zu wollen, und dabei so viele Leute umbringen wie möglich, um es endlich mal 'allen zu zeigen'. Sie töten nicht aus einem plötzlichen Impuls heraus, sondern brüten scheinbar bereits lange vor der Tat über ihrem mörderischen Vorhaben. Der Mann, der gerade in Alabama zahlreiche Menschen erschoss, führte sogar seit Jahren eine Liste mit Leuten, an denen er sich unbedingt rächen wollte."
Gibt es so etwas wie "Hilferufe" oder "Warnhinweise" vom Täter, bevor er seine Pläne in die Realität umsetzt?
"Im Allgemeinen gibt es keine rechtzeitigen Warnhinweise, die so offensichtlich sind, dass sie ernst genommen werden. Wie auch der Fall des 17-jährigen Tim aus Winnenden zeigt, sind die Menschen der Umgebung eines Amokläufers meist vollkommen fassungslos, dass dieser unauffällige, anscheinend ganz 'normale' Mensch so etwas tun konnte. In einigen Fällen waren spätere Amokläufer zwar zuvor aufgrund von psychischen Problemen zeitweise in ärztlicher Behandlung gewesen, galten aber nicht als besonders gefährdet oder gefährlich, ebenso wie der koreanische Student, der 2007 in Virginia 32 Menschen erschoss.
Wenn die Täter überhaupt ihre Gewaltbereitschaft erkennen lassen, geschieht das meist verdeckt, etwa in anonymen Chaträumen, oder erst unmittelbar vor oder nach der Tat, so dass jede Gegenmaßnahme zu spät kommt. - Da Amokläufer von ihrem Recht auf Rache für ein vermeintliches oder erlebtes Unrecht fest überzeugt sind, senden sie auch keine 'Hilfesignale' aus. Sie genießen vielmehr das Gefühl, endlich einmal Macht ausüben zu können und andere in ihrer Gewalt zu haben."
Viele Schüler haben Angst, dass an ihrer Schule etwas Ähnliches passieren könnte. Wie können sie damit umgehen?
"Wenn ein solch schreckliches Ereignis aktuell passiert, sollten Lehrer dies im Unterricht schon gezielt zum Thema machen und ihre Schüler über ihre Ängste, Vermutungen und Fantasien sprechen lassen. Sie sollten dabei die entsprechenden Zahlen nennen, nämlich, dass innerhalb der letzten 55 Jahre weltweit 27 Amokläufe stattgefunden haben, davon 13 an Schulen oder Universitäten.
Sie sollten dann aber darauf verweisen, dass nur drei dieser Vorfälle in Deutschland geschahen, und diese doch sehr niedrige Zahl mit der ungeheuren Zahl von schweren Verkehrsunfällen vergleichen, der bei weitem häufigsten Todesursache von Schülern. Dagegen ist die Wahrscheinlichkeit, einen Amoklauf an der eigenen Schule zu erleben, wirklich sehr gering."
Kann es an jeder Schule zu solchen Gewalttaten kommen?
"Elf der 13 weltweit bekannten Massaker in Schuleinrichtungen fanden in den USA statt. Der Grund dafür ist leider sehr einfach: in den USA ist der Besitz von Schusswaffen nahezu uneingeschränkt erlaubt! Selbst Angriffswaffen wie Maschinengewehre dürfen an Privatpersonen verkauft werden, und selbst in friedlichen Naturschutzparks ist das Mitnehmen verdeckter Waffen erlaubt.
Gegen jede Einschränkung, wie etwa auch nur einer zweiwöchigen Wartezeit für Jugendliche, die Schusswaffen kaufen wollen, macht sich die ungemein einflussreiche National Rifle Association (Vereinigung der Schusswaffenbesitzer) stark, die bisher noch jedes Schutzgesetz zu Fall gebracht hat.
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