So funktioniert Quidditch im wahren Leben
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Die Regeln des realen Sports ähneln grundsätzlich denen der Romanvorlage. Das heißt: In einem Quidditch-Match treten zwei Teams gegeneinander an und versuchen, so viele Punkte wie möglich zu erzielen. Jeweils sieben Spieler stehen auf dem 55 Meter langen und 35 Meter breiten Spielfeld. Sie haben unterschiedliche Aufgaben: Die drei Jäger passen sich den "Quaffel" zu, einen Volleyball. Sie versuchen, ihn durch einen der drei gegnerischen Ringe zu werfen. Diese Ringe sind in unterschiedlichen Höhen angebracht und haben in etwa den Durchmesser eines Hula-Hoop-Reifens. Treffen die Angreifer in einen Ring, erhält ihre Mannschaft zehn Punkte. Damit das gelingen kann, ist ein gutes und sauberes Passspiel wichtig. "In einem normalen Training üben wir unter anderem das Werfen und Fangen mit einer Hand", so die Kapitänin der Bluecaps. Denn da eine Hand immer am Besen sein muss, gestaltet sich das Passen des "Quaffels" in hohem Tempo alles andere als einfach.
Es gibt weitere Hindernisse für die Jäger: Jedes Team besitzt einen Hüter, der die drei Torringe bewacht und möglichst keinen Ball durchlässt. Zudem gibt es pro Mannschaft zwei Treiber. Diese versuchen, mit den sogenannten "Klatschern", Dodgebällen, die Gegner abzuwerfen. Wenn man getroffen wird, muss man direkt vom Besen steigen und einen der eigenen Torringe berühren, bevor man wieder am Spiel teilnehmen darf. Wie man Klatschern ausweicht, ist deswegen auch Teil einer Trainingseinheit der Bluecaps.
Die Teamrolle, die Harry Potter in der Fantasy-Saga bekleidet, ist der Sucher. Der Sucher ist bestrebt, den goldenen Schnatz zu fangen, was nicht gerade einfach ist. In der Quidditch-Realität ist der Schnatz nicht wie in Buch und Film ein kleiner fliegender Ball. Auf dem Rasen spielt eine neutrale Person den Schnatz. Sie betritt in der 18. Spielminute das Feld und hat am Hosenbund eine Socke mit einem Tennisball. Die Aufgabe des Suchers ist es nun, an diese Socke heranzukommen. Das erinnert ein wenig an das Ballspiel Flag Football. Der Schnatz ist nicht wehrlos: Mit einer Wasserpistole in der Hand und viel Körpereinsatz darf der flüchtige Schnatz nahezu alles. Sein Tennisball bringt schließlich auch 30 Punkte. Sobald er gefangen wurde, endet das Match.


"Harry Potter"-Fans dürften viele dieser Regeln vertraut sein. Und der Großteil der Quidditch-Spieler kann auch etwas mit dem Zauberschüler anfangen. Bei der Mannschaft aus Berlin trifft das auf alle Mitglieder zu. Aber "mittlerweile ist Quidditch zu einem Sport geworden, der auch von Nicht-Fans ausprobiert wird, einfach weil es etwas Neues ist, was es so vorher noch nie gegeben hat", teilt uns Frieling mit. Die 22-Jährige gründete die Berlin Bluecaps im Frühling 2014. "Ich hatte vorher bei den Taunus Thestrals gespielt, welches das erste deutsche Team war. Als ich dann nach Berlin zog, wollte ich das Quidditch-Spielen nicht aufgeben", erzählt sie. Vor drei Jahren entstand die erste deutsche Quidditch-Mannschaft. Die echten Pioniere leben aber in den USA: Dort wurde der Sport bereits im Jahr 2005 am Middlesbury College betrieben.
Seitdem hat sich die Sportart in den Vereinigten Staaten rasant ausgebreitet und ist mittlerweile fester Bestandteil an über 150 Universitäten und Colleges. Bei den Nationalmeisterschaften schauen Zehntausende zu. Weltweit gibt es Stand heute circa 300 Quidditch-Teams.
Die deutschen Mannschaften werden vom Deutschen Quidditchbund (DQB) organisiert. "Der größte Vorteil an einer Mitgliedschaft im DQB ist die Teilnahme an den Meisterschaften und die Möglichkeit, Plätze bei internationalen Turnieren zu bekommen", so Frieling. Meisterschaften? Internationale Turniere? Ja, Quidditch entwickelt sich stetig weiter. Die erste deutsche Meisterschaft fand Anfang 2016 statt, sechs Mannschaften nahmen teil. Die Rheinos aus Bonn gewannen. Die Berlin Bluecaps durften nicht mitwirken. Sie sind kein Vollmitglied des DQB, weil die Teamstruktur noch nicht ausreichend ist. Aber: "Wir sind auf einem guten Weg und rechnen diesen Frühling noch einmal mit mehr Mitgliedern", meint Frieling dazu. Die Vollmitgliedschaft sei das nächste große Ziel ihrer Mannschaft. Neben der deutschen Meisterschaft warten dann auch weitere große Turniere: Beim European Quidditch Cup treten die besten Teams Europas gegeneinander an und beim Quidditch World Cup die stärksten Nationen. Im Sommer 2016 findet die nächste Weltmeisterschaft übrigens in Frankfurt statt. Die deutsche Nationalmannschaft, die von Jonas Zinn trainiert wird, möchte dann den Pokal in die Luft strecken.
Quidditch ist eben viel mehr als die Umsetzung eines Fantasiesports in der tatsächlichen Welt. Frieling bringt es auf den Punkt: "Das Besondere am Quidditch sind die Leute. Es ist Wahnsinn, was man für Menschen trifft. Hier kommt jeder zusammen, egal woher er kommt, wie alt er ist, welche Religion oder sexuelle Orientierung er hat. Quidditch ist eine Community wie keine andere", sagt sie. "Wenn man es sich überlegt: Es braucht schließlich Menschen mit Humor, um auf einem Besen herumzurennen. Das macht nicht jeder. Viele sind sich dafür zu cool – aber nicht in der Quidditch-Community."
Eine weitere Besonderheit ist die Zusammensetzung der Teams. Denn in den offiziellen Regeln ist festgeschrieben, dass von den sechs Spielern auf dem Feld, exklusive des Suchers, maximal vier das selbe Geschlecht haben dürfen. "Dass die Regeln das vorraussetzen, finde ich total revolutionär und super", meint die Bluecaps-Kapitänin. Quidditch ist also ein Sport für jeden - und der Einstieg fällt nicht schwer. Die Bluecaps aus Berlin freuen sich, wenn sie Nachwuchs bekommen. Und vielleicht sieht man sie ja schon 2017 bei der deutschen Meisterschaft wieder. Bis dahin gilt das Quidditch-Motto: Brooms up!
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