Von leeren Stadien werden Fußballhasser erstmal nur träumen können: Am 10. Juni startet die Europameisterschaft (Foto: Lagutkin Alexey/Shutterstock.com) Von leeren Stadien werden Fußballhasser erstmal nur träumen können: Am 10. Juni startet die Europameisterschaft (Foto: Lagutkin Alexey/Shutterstock.com)
EM 2016

Survival-Guide für Fussballhasser

Was bei "The Walking Dead" die Zombies sind, das sind im Reallife vom 10. Juni bis 10. Juli die Fußballfans in Deutschland. Die Europameisterschaft 2016 startet und das Land der angeblichen Socken-in-Sandalen-Träger gerät in einen Ausnahmezustand. Autos sowie Wangen werden mit Deutschlandfahnen verziert und das wohl schlimmste Accessoire seit der Handstulpe kehrt zurück: die Hawaiikette. Natürlich in schwarz-rot-gold. Ein Problem haben diejenigen, die bei '54 '74 '90 '2010 nicht ins Schunkeln geraten: Denn wer Fußball öde findet, der hat zur EM-Zeit kein leichtes Leben. Der Retter in der Not: Der Pointer Survival-Guide für Fußballhasser. Er ist voller Tipps und Tricks, nicht immer ernst gemeint, um Public Viewing und schwitzenden Bierbäuchen bestmöglich aus dem Weg zu gehen.
 

 


Straftat begehen und TV verkaufen – So meidest du die EM

Der einzige Weg, die Europameisterschaft komplett zu meiden, ist wahrscheinlich die Auswanderung. Irgendwo hin, wo es keine Medien gibt. Und am besten auch keine Menschen. Wer aber weder die monetären Möglichkeiten noch die nötige Spontaneität besitzt, Deutschland zu verlassen, der muss anderweitig Vorkehrungen treffen. Die folgende Punkte helfen dir, möglichst wenig von der EM mitzubekommen.

EM-frei in zehn Schritten
1. Fernseher verkaufen. Wenn man denn überhaupt noch einen hat.
2. Internet nicht mehr benutzen.
3. Ab jetzt alle "Freunde" bei Facebook löschen, die Fußballcontent posten, liken, teilen oder wie auch immer in deine Timeline schleusen.
4. Gleiches gilt für Twitter, Instagram und Snapchat.
5. Keine Nachrichten mehr gucken. Oder lesen. Ist eh viel zu deprimierend.
6. Bausparvertrag auflösen und Schallschutzfenster kaufen. Für den Autokorso-Lärm.
7. Mittelohrentzündung einfangen. Gibt keinen besseren Grund, andere darauf hinzuweisen, dich nicht mit (Fußball-)Quatsch vollzulabern.
8. Ab dem 10. Juni das Haus einfach nicht mehr verlassen. Dank Lieferando kann man das sogar überleben.
9. Anfangen, das Gerücht zu verbreiten, du hättest Klaustrophobie. Public-Viewing-Verabredungen musst du deshalb leider, leider immer absagen.
10. Eine Straftat begehen, für die du etwa einen Monat ins Gefängnis kommst. Um dem EM-Quatsch zu entkommen, sind eben Opfer gefragt.
 


EM-Zeit lieber sinnvoll nutzen

Okay. Jetzt hätten wir geklärt, wie du der EM bestmöglich aus dem Weg gehen kannst. Fernseher ist verkauft, Social Media aufgeräumt. Nun ist es aber ja so, dass man die Zeit irgendwie anders füllen muss. Sich mit Grumpy-Cat-Miene zuhause einzuschließen, um erst am 10. Juli mit "Twilight"-Vampirblässe wieder vor die Haustür zu gehen – nur schwer umsetzbar. Irgendwann ist dann auch für Lieferando kein Geld mehr da. Deshalb kommen hier ein paar Vorschläge, wie du die EM-Zeit sinnvoll für dich nutzen kannst.  


Französisch lernen
Die EM findet dieses Jahr in Frankreich statt – doch auf den deutschen Public Viewings dürfte wohl überwiegend auf deutsch gelallt werden. Kulturell-sprachliche Weiterbildung? Eher nicht. Du bist da ganz anders: Die EM ist der perfekte Anlass, mal in ein anderes Land (nicht bloß Stadien) zu blicken und sich weiterzubilden. Schnapp dir also ein Wörterbuch, einen günstigen Uni-Sprachkurs oder Youtube-Turorials und lern ein wenig Französisch. #trèschic.

Ins Freibad gehen
Es gibt einen Ort, der ist blöder- sowie logischerweise im Sommer immer überfüllt: das Freibad. Handtuch grenzt an Handtuch. Relaxen ist da eher nicht so. Ha! Da hast du nicht mit der EM gerechnet. Denn statt im Freibad tummeln sich dann alle beim Public Viewing. Und du? Du hast die ganze Liegewiese für dich und kannst Bahnen ziehen, ohne strampelnde Beine in die Rippen zu bekommen. Und die Schlange vor der Pommesbude, die gibt’s auch nicht.
 


An der Bikinifigur arbeiten
Auf der Leinwand: Durchtrainierte Sixpacks. Vor der Leinwand: Ausgetrunkene Sixpacks. Zahlreiche Homer-Simpson-Bierbäuche, die sich dank Chips und Bratwürsten Bissen für Bissen von der Bikinifigur verabschieden. Dabei ist doch Sommer. Während die anderen also Alkohol sowie ungesunder Ernährung frönen, machst du dich sommer-ready. Ob beim joggen im Park, schwimmen im Freibad oder schwitzen im Fitnessstudio – jetzt ist überall genug Platz. Die Leute hocken ja vor'm TV.

Augen lasern lassen
Du hast schon immer mit dem Gedanken gespielt, dir mal die Augen lasern zu lassen? Und hast gerade eh ein paar Tausender locker? Na bitte, dann mach's am besten jetzt. Die ersten Tage kann man schlecht gucken. Das bedeutet: keine schwitzenden Bierbäuche, schwarz-rot-goldene Wangen und Trikots mehr sehen. Da schlägst du zwei Fliegen mit einer Klappe. #woopwoop.

Netflix abonnieren
Wer von der EM nichts mitbekommen will, der muss wohl oder übel das TV aus lassen. Besser: Netflix holen. Da gibt’s garantiert keine nervige Werbung mit Fußball-Testimonials, die dich mit gelecktem Haar und gebleachten Zähnen dazu verführen wollen, Chips, Rasierer, Bier und Hastenichtgesehen zu kaufen. Wer also einen überzeugenden Grund braucht, sich Netflix zuzulegen: EM.
 


Mehr denn je: Geflüchtete Menschen unterstützen
Vor lauter Deutschlandfahnen und Nationalstolz scheint gerade die EM-Zeit der ideale Nährboden für Schwachköpfe zu sein. Bewiesen hat das jüngst die Facebookgruppe "Pegida BW Bodensee". Die hat sich nämlich darüber aufgeregt, dass Ferrero auf die Verpackung der Kinderriegel Kinderfotos von EM-Nationalspielern gedruckt hat. Den Schreibern dort sehen die nämlich zu fremdländisch aus. Was im ersten Moment nur lächerlich und absurd klingt, ist leider Realität und menschenverachtend. Gerade während der EM scheint es nötiger denn je zu sein, geflüchteten Menschen zu helfen und zu zeigen, dass nicht alle Deutschen gaga sind. Genug Möglichkeiten gibt es – ob es nun helfen in der Kleiderkammer ist, oder einfach das tonnenweise Kaufen von Kinderschokolade. In diesem Fall ist es dann echt okay, EM-gebrandete Produkte zu erwerben. Aber auch wirklich nur in diesem Fall.  


 

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Die Autorin: Jana Schütt
Die Autorin: Jana Schütt

Die Autorin: Jana Schütt

1993 geboren. Aufgewachsen in einem Dorf in Niedersachen zwischen Kühen und katastrophalen Busverbindungen – gelandet in der zweitgrößten Stadt Deutschlands. Dann ging es für Jana erstmal ab in die Werbung, als Texterin arbeiten. Inzwischen ist sie an der Uni Hamburg, um etwas über Soziologie und Medien- und Kommunikationswissenschaften zu lernen. Die Pointer-Autorin mag kein Gemüse, Kartoffelchips findet sie aber voll okay. Größter Traum: Niklas Luhmann auf einen Pfefferminztee treffen.