Eine Umfrage unter Lehrerinnen und Lehrern ergab unter anderem, dass während der Schulschließungen der Unterricht über Videochats nur selten Anwendung findet (Symbolbild: Maria Symchych/Shutterstock.com) Eine Umfrage unter Lehrerinnen und Lehrern ergab unter anderem, dass während der Schulschließungen der Unterricht über Videochats nur selten Anwendung findet (Symbolbild: Maria Symchych/Shutterstock.com)
Umfrage unter Lehrern

Digitale Bildung: Mehrheit der Schulen ohne Gesamtkonzept

Die Schulschließungen im Zuge der Corona-Krise haben Schüler und Lehrer ins Home-Office verbannt. Schulen, die bereits zuvor in der Digitalisierung fortgeschritten waren, sind mit der neuen Situation deutlich besser zurecht gekommen als andere. Dies ergab eine Umfrage unter Lehrkräften, die das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der Vodafone Stiftung durchführte. Die Ergebnisse haben die Professorinnen Birgit Eickelmann und Kerstin Drossel von der Universität Paderborn in einer Studie veröffentlicht.
 


An der Befragung nahmen etwas über 300 Lehrerinnen und Lehrer verschiedener Schulformen teil. Der Großteil von ihnen kommt demnach mit der neuen Situation insgesamt gut zurecht. Weniger als ein Fünftel fühlt sich überfordert. Allerdings geben etwa 38 Prozent der befragten Lehrer zu, das Arbeiten zuhause falle ihnen schwer. Ein Drittel der Befragten gab an, die eigene Schule sei verhältnismäßig gut vorbereitet gewesen, da die Nutzung digitaler Möglichkeiten bereits zuvor recht weit fortgeschritten gewesen sei. Nach Schulformen aufgeschlüsselt, zeigen sich hier jedoch deutliche Unterschiede: So stimmten dieser Aussage nahezu die Hälfte der Gymnasiallehrer zu, während sich darin nur circa 18 Prozent der Lehrkräfte an Grundschulen wiederfanden. Bei den anderen weiterführenden Schulen waren es immerhin 36,2 Prozent der Befragten.
 


An den Schulen, die in der Digitalisierung bereits vor den Schulschließungen fortgeschritten waren, findet sich im Vergleich zu den Digitalisierungs-Nachzüglern auch deutlich häufiger ein Gesamtkonzept zur Versorgung der Lernenden mit Unterrichtsstoff. Insgesamt gibt es ein solches Konzept bei knapp einem Drittel der Schulen. Über 40 Prozent der Lehrkräfte sprechen sich zumindest ab, während sich etwa ein Viertel der Lehrenden weitgehend auf sich allein gestellt fühlt.
 


Der überwältigenden Mehrheit der Umfrageteilnehmer ist es wichtig, den Kontakt zu den Schülerinnen und Schülern zu halten. Knapp 35 Prozent gaben auch an, all ihre Schützlinge zu erreichen. Weitere 51,5 Prozent erreichen auch in Zeiten der Corona-Pandemie immerhin die Mehrzahl. Den Kontakt halten die Lehrer dabei hauptsächlich über E-Mail. Das ist auch die am meisten verbreitete Methode, um Unterrichtsmaterialien zu versenden. Alternativ werden die Lehrinhalte über Messengerdienste verschickt oder auf Servern, in Clouds sowie auf Lernplattformen zum Download bereit gestellt. Letztere sind neben Messengern und dem Telefon weitere verbreitete Methoden, den Kontakt zu den Schülern zu halten. Videochats setzen nur knapp 20 Prozent der Lehrenden ein - und das auch am seltensten.
 


Uneinigkeit besteht hinsichtlich der Belastung. So empfinden gut 34 Prozent die Belastung als höher, circa 36 Prozent hingegen als geringer als vorher. Etwa 28 Prozent der Befragten können keinen großen Unterschied ausmachen. Als Gründe für die empfundene Mehrbelastung gaben jeweils mehr als die Hälfte der Lehrkräfte das Feedback an die Schüler (62,3 Prozent), die Kontrolle der Aufgaben (59,4 Prozent), allgemeine Organisation (57,6 Prozent) und die Erstellung von Aufgaben und Lernangeboten (57,5 Prozent) an. Allem Aufwand zum Trotz sind mehr als drei Viertel der Lehrerinnen und Lehrer überzeugt, dass der digitale Fernunterricht weniger effektiv ist.
 


Doch nicht nur die Effektivität des Unterrichts ist ein Problem. Der Heimunterricht könnte auch die Auswirkungen von sozialen Unterschiede verstärken. Das befürchten etwa die Hälfte der befragten Lehrer. Ihr Anteil ist am größten unter den Grundschullehrkräften. Lehrkräfte an Schulen, die bereits in der Zeit vor den Schulschließungen in der Digitalisierung fortgeschritten waren, teilen diese Befürchtung deutlich seltener.
 


Für die Autorinnen der Studie steht fest, dass Lehrkräfte und Schulen besser unterstützt werden müssen. "Deutschland braucht ein bundesländerübergreifendes Gesamtkonzept für den schulischen Bildungsbereich und finanzielle Sofortmaßnahmen, um die Gestaltung von Schule so zu ermöglichen, dass wirklich alle Kinder und Jugendlichen von den schulischen Bildungsangeboten profitieren. Größere Anstrengungen sind in Deutschland vor allem im Bereich des digital gestützten Lernens notwendig", meint Eickelmann mit Blick auf zukünftige Entwicklungen. Bis zu den Sommerferien gelte es jetzt für die Schulen, sich möglichst gut zu organisieren und Pläne für die Zeit nach den Sommerferien zu entwickeln.
 

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Der Autor: Hauke Koop
Der Autor: Hauke Koop

Der Autor: Hauke Koop

In Lüneburg geboren und aufgewachsen, zog es Hauke für die Ausbildung nach Hamburg. Im Anschluss begann er in der Hansestadt ein Studium der Politikwissenschaft. Der Cineast und Serienjunkie fährt gerne lange Strecken mit dem Fahrrad und findet Radrennen auch im Fernsehen spannend. Für Pointer schreibt er unter anderem über Filme, Musik und aktuelle (Uni-) Themen.