EU-Austritt
Was der Brexit für Studis bedeutet
Erasmus, Studiengebühren, Visum. Welche Konsequenzen hat der Brexit für Studierende in Deutschland, die einen Abstecher ins Vereinigte Königreich planen? Ein kurzer Konsequenzen-Check.
published: 03.06.2015
Deutschland nutzt das Potenzial ausländischer Studierender zu wenig: An den Hochschulen im Land gibt es zwar immer mehr junge Menschen mit ausländischen Wurzeln. Doch 41 Prozent von ihnen brechen das Studium wieder ab, von den erfolgreichen Absolventen bleiben nach Studienabschluss nur rund 44 Prozent in Deutschland. Dies sind die zentralen Ergebnisse des Hochschul-Bildungs-Reports 2020, dessen jüngste Ausgabe der Stifterverband und McKinsey & Company am Mittwoch in Berlin vorgestellt haben.
"Diese Zahlen sind alarmierend, denn für jedes zweite Unternehmen in Deutschland sind ausländische Studierende mittlerweile wichtig, um den eigenen Fachkräftebedarf zu decken, Tendenz steigend", erläuterte McKinsey-Direktor Jürgen Schröder die Ergebnisse einer für den Report erstellten repräsentativen Umfrage unter 230 Unternehmen in Deutschland.
Nach Berechnungen von Stifterverband und McKinsey könnten bei gleich bleibenden Bildungsausgaben dem deutschen Arbeitsmarkt jährlich rund 10.000 Fachkräfte mehr zur Verfügung stehen. Dazu müssten die Studienabbruchquoten auf das Niveau der deutschen Studienanfänger (also auf weniger als 30 Prozent) gesenkt und die Verbleibquoten für alle Ausländer auf das Niveau von EU-Ausländern in Deutschland (52 Prozent) gesteigert werden. Der Handlungsbedarf sei dringend, da aktuellen Prognosen zufolge 2025 vier von zehn Studienanfängern einen ausländischen Pass haben werden, so Volker Meyer-Guckel, der stellvertretende Generalsekretär des Stifterverbands.
Die Studie von Stifterverband und McKinsey zeigt auch: Während die Zahl der ausländischen Studierenden an deutschen Hochschulen kontinuierlich steigt, stagniert die Zahl der deutschen Studierenden, die für ihr Studium auch ins Ausland gehen, seit Jahren bei rund 6 Prozent. Der Anteil der Studierenden mit Auslandspraktikum ging sogar von 17 auf 13 Prozent zurück.
Hinzu kommt: Bei den deutschen Studierenden sind die Nachbarländer beliebter als ferne Ziele. Der Anteil von Österreich, Schweiz und Benelux stieg seit 2001 von 28 auf zuletzt 54 Prozent. "Nichts gegen ein Studium in diesen teilweise deutschsprachigen Ländern", sagte McKinsey-Direktor Jürgen Schröder. "Aber Fakt ist, dass deutsche Studierende dort wahrscheinlich nicht in dem Maße die Fähigkeiten erlernen, die global aufgestellte Unternehmen auf außereuropäischen Märkten benötigen."
Unternehmen sollten sich in Anbetracht dieser Zahlen nach Einschätzung von Stifterverband und McKinsey stärker am Ausbau berufsvorbereitender Auslandsaufenthalte, insbesondere Praktika, beteiligen und enger mit Hochschulen kooperieren. Wichtig seien auch im Curriculum fest verankerte Mobilitätsfenster, um Auslandsaufenthalte auch ohne zeitliche Verlängerung der Regelstudienzeit zu ermöglichen. Zu oft scheitert das Auslandsstudium immer noch an finanziellen Hürden. Jürgen Schröder: "Junge Menschen aus bildungsfernen Schichten studieren nicht nur generell seltener, sie gehen auch deutlich seltener für ein Studium ins Ausland." Nur jeder zehnte Studierende mit bildungsfernem Hintergrund habe sich für ein Auslandsstudium entschieden - im Gegensatz zu jedem sechsten Studierenden aus bildungsnahen Familien.